Etwas verspätet kann auch ich meinen Beitrag zum lago Iseo bzw. der derzeitigen und künftigen Gesamtsituation in den norditalienischen Gewässern geben.
Seeforellen (vom atlantischen Gentyp), Renken und Seesaiblinge werden oder vielmehr wurden alljährlich in den vereinseigenen Fischzuchten vermehrt und alljährlich in sehr großen Mengen als Satzfische besetzt, da sie sich nur sehr unzureichend auf natürliche Weise vermehrten. Ich sage bewusst "wurden", denn seit dem 30. Dezember 2021 hat sich die Situation für alle Seen, Flüsse und Bäche in Italien grundlegend verändert. Das italienische Umweltministerium hat ein für ganz Italien gültiges Gesetzesdekret erlassen, mit welchem, mit sofortiger Wirksamkeit, jeglicher Besatz mit gebietsfremden, bzw. allochthonen Arten verboten ist. Das bedeutet, dass ab heuer und künftig wohl auch nie mehr im Iseosee und auch in all den anderen Seen Oberitaliens die "Alpinen Arten" Seeforellen, Seesaiblinge und Renken besetzt werden dürfen. Was das für die Entwicklung des Fischbestandes bedeuten wird, ist schnell gesagt. Beim derzeitigen Befischungsdruck durch die Netzfischerei und Sportfischerei, wo in manchen Gewässern noch immer jeder maßige Fisch abgeschlagen und entnommen wird (bei Mindesmaßen von 30 cm für Seeforellen), und auf Nachhaltigkeit eines Fischbestandes so gut wie gar keine Rücksicht genommen wird, bedeutet dies wohl ziemlich rasch das Aus von Renke, Seesaibling und Seeforelle.......Ich denke wir werden nicht mehr lange eine gute und ergiebige Fischerei auf die obgenannten Arten erleben.
Erlaubt sind in Zukunft nur mehr Besätze mit autochthonen Arten, und das bedeutet, dass in Norditalien ausschließlich nur mehr die Marmorierte Forelle besetzt werden darf. Der Haken an der Sache ist jener, dass die Vermehrung und Aufzucht der Marmorata alles andere als einfach ist. Das beginnt schon bei der genetischen Reinheit derjenigen marmorierten Forellen, welche abgestreift werden sollen und deren Laich und Spermien zur Weiterzucht verwendet wird. Damit reagiert man in Italien zwar um 50 Jahre verspätet, aber immerhin hat man reagiert. Denn genau durch den Besatz mit Seeforellen mit dem atlantischen Genpol hat man durch die starke Hybridisierung die ursprüngliche, heimische Forellenart Marmorata in Norditalien dem Aussterben nahe gebracht. Alle ursprünglichen "Seeforellen" der oberitalienischen Seen waren Marmoratas, welche auch einen "Seetyp" bildeten. Die "Seeforelle" mit 1m Länge und rund 20 kg Gewicht, welche unlängst im Iseosee gefangen worden ist, war so eine "Seemarmorata", welche vermutlich bereits eine Hybridform ist und genetisch nicht mehr ganz einer reinen Marmorata zugeordnet werden kann. Die wahren Seeforellen Italiens waren seit jeher und sind hoffentlich auch in Zukunft wieder die Marmoratas. Und es ist gut (ich befürworte es sehr), dass dies eines Tages wieder so werden und sein soll. Dass das Ganze natürlich mit großen Opfern für Angler und Berufsfischer verbunden sein wird, versteht sich von selbst. Die Marmorata, eine Art, welche laut der europäischen FFH Richtlinie den Artenschutzstatus II inne hat, ist eine vom Gesetz her schützenswerte Fischart. Vermutlich wird es gar einige Jahre dauern, bis die Marmoratas erfolgreich vermehrt und ausgewildert worden sind oder einen sich selbst erhaltenen Bestand bilden, welcher von den Sportfischern nachhaltig genutzt werden darf, indem eine limitierte Entnahme erlaubt sein wird. Ich erlaube mir die Prognose, dass für mindestens 5 Jahre jegliche Entnahme verboten werden könnte und später streng limitiert sein wird. Bereits jetzt ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass jene Fischer, welche eine (kapitale) Marmorata, auch dort wo es vom Gesetz her noch erlaubt wäre, abschlagen und entnehmen, von der Mehrzahl der italienischen Angler "geächtet" werden. Auch der "glückliche" Angler, welcher seine 20 kg schwere Marmorata freudenstrahlend in den Social Medias präsentiert hat, hat in sämtlichen italienischen Fischereiforen sein Fett abbekommen, indem ein regelrechter Shitstorm über ihn losgebrochen ist. Er gilt im Großen und Ganzen nicht überall als "guter" und respektierter Angler, sondern als ein geächteter Angler, weil er eine kostbare Marmorata abgeschlagen hat.....So viel zur künftigen Entwicklung der Salmonidenfischerei in den oberitalienischen Seen. Renke, Seeforelle und Seesaibling werden kurzfristig weniger werden und langfristig wohl wieder ganz aus unseren Gewässern verschwinden.
Die schön gezeichneten Hechte, welche dort gefangen werden, sind "italienische" Hechte, welche seit 2011 als eigene Art anerkannt sind. Der Esox cisalpinus bzw. Esox flaviae wie der italienische Hecht genannt wird, ist eine Hechtart, welche ausschließlich in Italien vorkommt und sich vom europäischen Hecht esox lucius genetisch und phänotypisch unterscheidet. Es sind wunderschön gezeichnete Fische, die nicht so groß werden wie der europäische Hecht, aber sie gelten als kampfstark und sind als kapitale Exemplare in der Größe 1m+ schwer zu überlisten. Da man auch bei den Hechten in Italien denselben Fehler gemacht hat wie bei den Forellen, und in einigen oberitalienischen Seen etwas übereifrig bewirtschaftet hat und europäische Hechte besetzt hat, was zur Folge hatte, dass die beiden Arten fertile Hybriden hervorgebracht haben, gilt auch der italienische Hecht mittlerweile potentiell als genetisch gefährdet und in Folge sind die Gewässer mit reinen italienischen Hechten schützenswert. Ich rate jedenfalls zu einer wohlüberlegten Entnahme, falls man gerne mal einen Fisch entnimmt, um nicht irgendwo zu viel "anzuecken". Die junge Generation der italienischen Angler fischt mittlerweile sehr waidgerecht, und nachhaltig. Das Zurücksetzen von kapitalen Fischen wird von dieser immer stärker werdenden Gruppe mittlerweile viel praktiziert und gerne gesehen. Umgekehrt werden von dieser Gruppe der Einheimischen leider auch "Maßnahmen" gegen Angler ergriffen, welche mit der Entnahme etwas zu großzügig umgehen. Dann ist bald mal Schluss mit "bella Italia". Dazu möchte ich auch nicht detailliert eingehen.....jeder muss für sich autonom entscheiden wie er es für richtig hält und notfalls auch mit den "Konsequenzen" vor Ort leben.
Eine besonders schöne und vielpraktizierte Fischerei am Iseo ist das Angeln auf den Agone. Der Agone ist eine endemische Binnenform der Finte, welche sich nach der letzten Eiszeit in den oberitalienischen Seen gebildet haben. Die Einheimischen nennen sie "Sarde". Nur zur Laichzeit im Juni/Juli ist es möglich diese Fische zu fangen. Nachher sind sie wieder in den Tiefen des Sees verschwunden. Die kurzweilige Fischerei wird in den Abendstunden ausgeführt, indem ausgeworfen wird, und die Nymphen hebend und senken zurückgekurbelt werden. Flussbarsche werden sowohl beim Spinnfischen, als auch beim Zupfen mit der Hegene gefangen. Ihre Durchschnittsgröße ist eher bescheiden.
Grüsse Roli