Materialkunde Fliegenbinden: Fäden, Garne und Drähte

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    Fäden, Garne und Drähte



    Schaut man als Anfänger einem Profibinder über die Schulter möcht man glauben, man nimmt einen ganz normalen Haushaltsfaden, ein paar zusätzliche Materialien und legt los. Könnte man - aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Gerade beim Bindefaden, bei den Garnen und beim Blei- oder Kupferdraht gibt es doch ein paar Unterschiede. Schon die Frage: soll das spätere Produkt, die Fliege, schwimmen, zum Grund tauchen oder nur im Wasser schweben? Ein kleiner, 18-er oder 20-er Haken ist mit einem dicken Wollfaden schnell zugedeckt und die Wolle saugt sich sofort mit Wasser voll und läßt die Fliege untergehen. Ich möchte aber mit einer Trockenfliege fischen. Ihr seht schon, da gibt es doch ein bisschen was zu berücksichtigen.


    Bindefäden:



    Die Fadenstärke wird im Handel oft unterschiedlich ausgedrückt. Bezeichnungen wie z.B. Denier, A/B/C, 6/0, 0,08, usw. möchte ich in diesem Kapitel etwas näher erläutern. Aber vorerst das Material aus dem unsere Bindefäden sind. In der Regel ist das Grundmaterial Polyamid bzw. Nylon. Diese Fäden gibt es im Handel in allen erdenklichen Farben und Stärken. Auch die Anzahl der Fäden kann unterschiedlich sein, von einem Einzelnen Faden bis zu mehreren, miteinander verzwirnten Fäden werden angeboten. Ein weiteres Grundmaterial ist Seide zu der ich aber dann später, im Zusammenhang mit Floss noch etwas erkläre. Nochmal zurück zu dem Begriff: Denier. Es ist eine ältere Maßeinheit für Fäden und gibt das Gewicht eines 9000 m langen Fadens an. Beispiel: 70 Denier oder auch 70 Den abgekürzt heißt, daß 9000 m dieses Garns 70 Gramm wiegen. 200 Denier würde bedeuten daß 9000 m Garn 200 Gramm wiegen. Also je höher die Denier-Zahl desto stärker der Faden. Die Firma Danville gibt z. B. die Fadenstärke noch in dieser Einheit an. Die neuere Bezeichnung für Denier ist DTEX. Der Unterschied ist nur der, dass als Ausgang nicht 9000 m genommen werden sondern 10000 m. Also 80 DTEX heißt dass 10000 m 80 Gramm wiegen.
    Heute sind die meisten Bindefäden bereits vorgewachst. Das Vorwachsen dient der besseren Schwimmfähigkeit, der Haltbarkeit der Fliege und dem besseren anhaften der Materialien wie z. B. Dubbing. Auch darin unterscheiden sie sich von den Haushaltsfäden.


    Weitere handelsübliche Fadenstärken:

    • A/B/C/D: Wärend die Bezeichnungen B/C/D fast schon vom Markt verschwunden sind, ist die Bezeichnung A noch relativ geläufig. Es ist ein dicker Bindefaden welche entweder für größere Streamer (Köpfe) verwendet wird aber auch beim Rutenbau.
    • 00: Der 00-er Faden ist ähnlich wie der oben erwähnte A-Faden hauptsächlich zum Rutenbau. Er ist etwas feiner als der A-Faden.
    • 3/0 oder 4/0: Stärkerer Faden welcher hauptsächlich für große Streamer eingesetzt wird.
    • 6/0: Die Fadenstärke wird auch als Standard bzw. Allround-Faden bezeichnet und deckt die meisten Fälle ab. Für den Anfänger würde ich diesen Faden (am besten in der Farbe schwarz) empfehlen. Für so ziemlich alle Fliegen von kleinen Trockenfliegen bis Streamer.
    • 7/0, 8/0 oder 9/0: Schon sehr fein sind Fäden der Stärke 7/0,, 8/0 oder 9/0. Sie werden vorwiegend für sehr kleine Trockenfliegen und Nymphen verwendet. Aber vorsicht: sie reißen auch schneller! Ich hab irgendwo auch schon mal von 18/0 gelesen aber noch nie gesehen oder ausprobiert.
    • Kevlar: Kevlar-Fäden sind die dünnsten und reißfestesten Fäden. Sie decken auch die größte Palette an Hakengrößen ab.


    Die hier erwähnten Fäden werden meist als Hauptfaden verwendet. Für Körper und Zierwicklungen werden andere Fäden bzw Garne verwendet wie Floss oder Chenille. Dazu aber etwas später.


    Für Körper gibt es aber auch noch besondere Bindefäden und zwar sogenannte Bodythread's. Dabei handelt es sich um einen gekräuselten Nylonfaden der sich aus vielen Einzelfäden zusammensetzt und unter Zug zusammen zieht und wenn die Fliege fertig gebunden ist wieder fülliger wird. Diese Fäden werden gerne wegen dieser Eigenschaft von Hegenefischern für ihre Nymphen verwendet.


    Dyneema:



    Dyneema, ein enorm starkes Material welches immer dann eingesetzt wird, wenn es auf hohe Reißfestigkeit und Belastbarkeit ankommt wie z. B. bei Kletterseilen oder Drachenfliegen und vielen anderen Sportarten und Berufen. Bindefäden aus Dyneema (PE-Faser) ist dementsprechend reißfest und zusätzlich sehr dünn. Die besten Voraussetzungen für das Binden von feinsten Trockenfliegen bis zu kompakten Hecht- und Huchenstreamern. Eine weitere Eigenschaft von Dyneema ist die Wasserfestigkeit und es ist sogar salzwassertauglich. Also auch Meerestaugliche Fliegen und Streamer können damit gebunden werden. Dyneema kann auch gespleißt werden und so der Einzelfaden für allerkleinste Trockenfliegen verwendet werden. Die Zahl 55 auf der Spule im Bild bedeuten 55 Denier (s.o.).


    Floss:



    Florett- oder auch Flockseide genannt. Es wird sowohl aus Naturseide als auch aus Kunstseide erstellt mit den selben Eigenschaften. Das Markenzeichen dieser Seide, sind die leuchtend glänzenden, fast fluoriszierenden Farben. Da die künstliche Seide wesentlich wiederstandsfähiger ist als die natürlich, müßen Fliegen, welche mit natürlicher Seide gebunden sind nach ihrem Einsatz im Wasser immer gut getrocknet werden.
    Zu den genannten Flossarten gibt es auch noch das Acetat-Floss. Es besitzt eine tolle Eigenschaft welche Insektenkörper sehr realistisch aussehen läßt. Wird nämlich eine, mit Acetat-Floss gebundene Fliege nachträglich mit Aceton behandelt, verschmelzt die obere Schicht und kann noch nachmodelliert werden. Auch erhält sie eine glatte und glasige Oberfläche so dass sie einem echten Nymphenkörper sehr ähnlich wird. Acetat-Floss ist unter dem selben Namen im Handel erhältlich ebenso wie das Aceton. Vorsicht! Aceton ist sehr gefährlich! Einatmen, Kontakt und offenes Feuer unbedingt vermeiden! Aceton ist auch explosiv!
    Auch bei Floss wird die Fadenstärke gerne in Denier angegeben. Floss wird auch in Einzelfaden, zwei- oder mehrfädrig angeboten. Mit Floss lassen sich wunderschöne Fliegen herstellen. Es ist geeignet für Körper, Schwänzchen und Rippung sowohl bei kleinen Trockenfliegen als auch bei großen Streamern.


    Chenille:



    Aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt, bedeutet Chenille soviel wie Raupe. Das erklärt sich wenn man diesen Faden genauer betrachtet. Auf-- einen verzwirnten Hauptfaden werden seitlich gleichmäßig wegstehend, kurze Kunstfibern eingesponnen. Manchmal erinnert es an einen Pfeiffenreiniger. Am liebsten verwende ich das Super-Chenille der Fa. Heger. Das Chenille ist nicht vertwistet sondern hat ganz feine dicht beieinander stehende Härchen welche dem Faden eine feste, kompakte Eigenschaft verleihen. Da der Zentrumsfaden, die Seele des Chenilles, sehr dünn ist, muß er nicht vorher wie bei herkömlichen Chenille herausgezogen werden. Ich verwende dieses Chenille am liebsten für meine "Rote Montana", eine Nymphe die selbst bei Hoch- und Schmelzwasser mit Fisch zurückkommt oder für den Klassiker unter den Streamern, dem Woolly-Bugger. Chenille wird in allen erdenklichen Farben, sogar mehrfarbig angeboten. Sehr praktisch finde ich die Chenille-Spenderbox.


    Tinsel:



    Bandförmige Metall- oder Plastikfäden welche ein wenig an unser Lametta vom Christbaum erinnern. Waren sie früher hauptsächlich in Gold und Silber auf dem Markt so erhält man sie heute auch in vielen anderen Farben oft mit einem perlfarbigen, schimmernden Holographikeffekt. Der Plastik-, Poly- oder Mylar-Tinsel hat erhebliche Vorteile gegenüber dem Metall-Tinsel. Er ist dehnbarer, elastischer und bietet meist auch mehr Farb- und Glanzeffekte. Trotzdem gehören auch Gold- und Silber-Tinsel auf jeden Bindetisch. Betrachtet man den Querschnitt von Tinsel so gibt es noch zwei Unterscheidungen: Einmal den Flach-Tinsel und den Oval-Tinsel. Beide werden sowohl für Körper als auch für die Rippung verwendet. Je nachdem wie stark ausgeprägt die Segmente des Fliegenkörpers ausgebildet sein sollen. Ein weiterer Vorteil von Plastik-, Poly- oder Mylar-Tinsel ist das Gewicht. Sie sind wesentlich leichter als Metall-Tinsel und dadurch auch für kleiner Fliegen, ja sogar Trockenfliegen geeignet.


    Drähte:



    Kupfer-, Gold- und Silberdraht sollten auf keinem Bindetisch fehlen. Gerade Kupferdraht ist für mich eines der wichtigsten Bindematerialien geworden. Im Nymphenbereich bin ich ein großer Freund von drahtgebundenen Fliegen. Ob Ritz-D, Pheasant-Tail oder Arthofer, Nymphen welche sanft im Wasser gleiten, beim Absinken genauso wie beim langsamen heraufholen werden mit einem Draht-Torax gebunden. Im Gegensatz zu Goldköpfchen lassen sie sich viel schöner führen. Draht benötigt man aber auch bei vielen Nymphen und Nassfliegen für die Rippung und gleichzeitig schwierigere Materialien (z. B. Federkiel) am Haken zu halten und zu sichern. Als Stärken wird Draht oft in mm (0,06 mm bis 0,25 mm) oder in den amerikanischen Bezeichnungen small (S), medium (M) oder large (L) angegeben. Dickere Drähte als 0,25 sind beim Fliegenbinden kaum noch zu gebrauchen.


    Bleidraht:



    Er dient hauptsächlich der Beschwerung von Nymphen und Streamern. Meist wird er direkt auf den Hakenschenkel unter das Körpermaterial gebunden. Als Stärke verwendet man meist 0,2 bis 1,0 mm. Ähnlich wie beim Tinsel gibt es Bleidraht in verschiedenen Durchmessern, flach und rund. Auch als breites Band mit Selbstklebefolie ist Blei erhältlich. Es läßt sich beliebig zuschneiden. Wie beim Kupferdraht wird auch der Bleidraht entweder in mm oder in small (S), medium (M) oder large (L) angegeben manchmal auch nur fein oder stark. Auch für Drähte gibt es praktische Spenderboxen wie im Bild links. Bleidraht kann man entweder in Gänze oder in Teilbereichen um den Hakenschenkel wickeln oder aber auch mal nur der Länge nach auf den Hakenschenkel. Bachflohkrebse sollten meiner Erfahrung nach grundsätzlich bleibeschwert sein. In meiner Anfangszeit gab es diese meist nur schwimmend zu kaufen und die Erfolge blieben dementsprechend aus. Heute binde ich sie selbst und dann aber immer mit einer Bleiunterlage. So am Grund gezupft sind sie ein reizvoller Happen für unsere Freunde.