Fliegenfischen – Was brauch ich alles?
Beginnt man mit dem Fliegenfischen steht man zunächst vor einem Berg von Fragen: Wo kann ich es lernen? Wie lange brauch ich bis ich selbständig meine ersten Fische fangen kann? Woran erkenn ich eine gute Schule? Was brauch ich an Ausrüstung? usw.
Die Ausbildung
Mit einer guten Schule ist Fliegenfischen einfacher zu lernen als es aussieht. Woran erkenn ich aber eine gute Schule?
Anzahl der Schüler:
Minimal 1 Schüler:
Keine Kursabsage wenn es nur ein Schüler ist! In manchen Schulen werden Kurse wieder abgesagt wenn wegen Wetter oder sonstigen Gründen viele Schüler wieder absagen. Für die oder den verbleibenden Schüler kann es ein Vorteil sein weil er dadurch einen Privatkurs erhält der in der Regel wesentlich teurer ist.
Maximal 5 Schüler pro Lehrer:
Je weniger Schüler um so mehr kann sich der Ausbilder um seine Schüler kümmern.
Dauer des Kurses:
Kurse sollten in der Regel 1-2 Tage dauern. Kurse von mehr als zwei Tagen bringen meiner Meinung nach nicht viel da die Aufnahmefähigkeit der meisten Menschen irgendwann begrenzt ist. Viel besser wäre, sich bei einem Fliegenfischlehrer ein vernünftiges Basiswissen anzueignen, die ersten Erfahrungen am Wasser zu machen und dann einen Fortgeschrittenen-Kurs zu besuchen.
Ab und bis zu welchem Alter sind Kurse geeignet:
Fliegenfischen ist fast in jedem Alter möglich. Bei Kindern kann man getrost mit 10 Jahren beginnen.
Stehen Leihgeräte zur Verfügung:
Eine gute Schule stellt gegen eine geringe Gebühr Leihgeräte zur Verfügung. Dieses Angebot sollte man in jedem Falle nutzen wenn man vor einer Kaufentscheidung steht. Man erfährt auf was es beim Gerätekauf ankommt, welches die ideale Rute für mich ist, was brauche ich alles und was kostet mich die Ausrüstung.
Kursinhalt:
Theoretischer Teil:
Darin sollte enthalten sein wie man eine Fliegenfischausrüstung zusammenstellt (Rute, Rolle, Schnur, Vorfach, Fliege). Welche Fliegenarten sind für den Fliegenfischer wichtig und wie sehen ihre Imitationen aus (kleine Fliegenkunde). Knoten, Verbindung zwischen den einzelnen Komponenten, Rolle, Backing, Flugschnur, Vorfach, Fliege.
Praktischer Teil:
Wurfstile, Griffhaltung, Elementarer Wurfstil, Schnur verlängern und verkürzen, Backhandwurf, Verlagerung des Arbeitswinkels, Seitenwurf (Side Cast), Rollwurf, Bogenwurf, Schlangenwurf, Anhieb, Drill, Landung, freies Fischen unter realistischen Bedingungen und Anwendung des gelernten.
Fortgeschrittener Kurs:
Dieser sollte im Fließgewässer stattfinden und auf maximal 3 Personen pro Lehrer begrenzt sein. Gelehrt und verfeinert sollte werden: Wurfstil, Doppelzug, arbeiten in und am Fließgewässer (stromauf fischen, stromab fischen, quer zur Strömung), zusätzliche Würfe wie Switch Cast, Parachutwürfe, Hakenwürfe, Trickwürfe, spezielle Interessen wie Raubfisch oder fischen mit der Zweihandrute.
Weitere Kurse:
Fliegenbinden, spezielle Hechtkurse, fischen vom Belly Boat aus.
Die Ausrüstung
Rute:
Abb.-01: Rute #5
Die ideale Rute für den Beginner ist ca. 2,70 m (9 ft), hat eine mittlere Aktion, Schnurklasse 5/6, Zigarrengriff. Die Teilbarkeit ist je nach späterer Anwendung 2-, 3- oder 4-teilig. Gute Ruten für den Fliegenfischerneuling gibt es schon ab 150,- €. Sie lässt sich später auch ideal als Zweitrute einsetzen.
Rolle:
Abb.-02: links: Großkernrolle (Large Arbor), rechts: Kleinkernrolle
Muß man sparen, so kann man dies noch am ehesten an der Rolle. Es ist unwesentlich ob man eine Groß- oder Kleinkernrolle nimmt. Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Vorteil einer modernen Großkernrolle ist dass die Schnur in größeren Schlingen um den Kern liegt und dadurch dem Memory-Effekt (Kringeln in der Schnur) entgegenwirkt. Außerdem ist die Übersetzung besser da bei jeder Umdrehung mehr Schnur aufgewickelt wird . Die englische Bezeichnung einer Großkernrolle ist Large Arbor.
Achtung: Linkshänder welche rechts kurbeln sollten sich die komplette Montage schon im Laden machen lassen da hierzu meist die Rolle umgebaut werden muß! Beschädigt man zu Hause die Rolle oder verliert eines der Kleinteile sind Garantieprobleme vorprogrammiert! Also ruhig im Laden sagen dass man Linkshänder ist. Ein guter Verkäufer weiß was dann zu tun ist und fragt in der Regel sogar danach.
Ab ca. 50,- € bekommt man für die Schnurklasse 5/6 schon gute Rollen.
Das Backing:
Abb.-03: Backing
Direkt auf die Rolle sollte grundsätzlich eine Nachschnur (engl. Backing) gespult werden. Dies ist in der Regel eine farbige, geflochtene Schnur die als Unterlage und Reserve-Schnur bei größeren Fischen dient. Die Flugschnur muß somit nicht direkt an den Rollenkern geknotet werden außerdem vergrößert sie den Rollenkern und wirkt somit wiederum dem Memory-Effekt entgegen. In der Schnurklasse 5/6 reicht eine Tragkraft von 20 lbs (9 kg).
Die Flugschnur:
Abb.-04: innen (Rot): Backing, aussen (gelb): Flugschnur
Ihr sollte man die größte Aufmerksamkeit schenken denn sie ist dafür verantwortlich dass die Fliege dahin geht wo der Fisch steht. Die Flugschnur wird nach 3 verschiedenen Kriterien eingeteilt:
Nach der Schnurklasse:
0 - 4 : Friedfische, Äschen
5 - 6 : Forellen, Saiblinge
7 - 8 : Hecht, Karpfen, große Salmoniden
9 - 10: Lachs, Huchen
11- 15: Zweihandruten
Nach dem Profil:
WF (Weight Forward, Keulenschnur):
Die Schnur ist im vorderen Bereich dicker (Keule, ca. 9 m) und im hinteren Bereich dünner (ca. 20 m).
DT (Double Taper, doppelt verjüngt):
Die Schnur ist im vorderen und hinteren Teil gleich lang verjüngt und im mittleren Teil (ca. 20 m) etwas dicker. Achtung beim bespulen: sie braucht mehr Platz auf der Rolle!
ST (Shooting Taper, Schusskopf):
Wenn es um Weiten oder gegen den Wind geht wird ein Schusskopf eingesetzt. Im weitesten Sinne kann man sie als eine nochmals verstärkte Keulenschnur sehn. Sie sind für den Anfang nicht geeignet.
Nach der Schwimmeigenschaft:
Schwimmend: (F=Floating)
Intermediate: (I=Intermediate, leicht einsinkend)
Sinkend: (S=Sinkend)
Kauft man eine Flugschnur, so wird sie in diesen Kriterien klassifiziert. Die ersten beiden Buchstaben geben das Profil an (WF, DT, ST), darauf folgt die Schnurklasse (0-15) und dahinter die Schwimmeigenschaft (F, I, S). So wäre z.B. die Bezeichnung einer schwimmfähigen Keulenschnur der Schnurklasse 6: WF6F.
Dem Fliegenfischneuling empfehle ich eine WF5F. Keulenschnur deshalb, weil sie den Wurfschüler in vielen Dingen bestens unterstützt. Schnurklasse 5 weil sie sich von einem Anfänger noch sehr gut werfen und kontrollieren lässt und Schwimmschnur weil sie sich leichter vom Wasser abheben lässt.
Eine gute Flugschnur ist ab ca. 50,- € zu bekommen. Hier sollte man nicht unbedingt sparen!
Das Vorfach:
Abb.-05: Vorfach, Pitzenbauer Ringerl auf Sicherheitsnadel, Loop
Das Vorfach ist die Verbindung zwischen der relativ dicken Flugschnur zur Fliege. Damit sich das Vorfach gut abrollt und streckt ist es wichtig dass es konisch verläuft. D.h., die meist monofile Schnur hat unmittelbar an der Flugschnur eine Stärke von 0,45 – 0,50 mm und an der Spitze (Fliege) eine Stärke von ca. 0,10 – 0,30 mm je nach Einsatzgebiet. Für die Schnurklasse 5/6 reicht reicht in der Regel eine Spitze von 0,16 – 0,18 mm. Am Anfang kann man getrost zu dickeren Vorfachspitzen greifen (Hänger in Bäumen, Büschen. . .)
Diese Vorfächer können gerade am Anfang ganz schön ins Geld gehen. Trainiert man noch viel auf der Wiese reicht auch eine ganz normale monofile Schnur an dessen Spitze man einen dicken Wollfaden (4 cm, rot) knotet.
Loop, die Verbindung zwischen Flugschnur und Vorfach:
Die einfachste Verbindung zwischen Flugschnur und Vorfach ist der Loop (Schlaufe). Dieser etwa 10 cm lange Netzschlauch mit einer Schlaufe am Ende wird einfach über die Flugschnur geschoben und mit dem beiliegenden Plastikröhrchen (ca. 1 cm) fixiert. Praktisch ist wenn das Plastikröhrchen farbig (Signalfarbe) ist da es dann als Bissanzeiger fungiert. Das Vorfach braucht dann nur noch eingeschlauft werden.
Hat man keinen Loop zur Hand, kann das Vorfach auch (in der Schnurklasse 0 - mit einem halben Grinner-Knoten an die Flugschnur gebunden werden.
Die Fliege:
Abb.-06: Fliegenbox
Obere Reihe: Fasanenschwanznymphe, Ritz "D", Märzbraune, Red Tag, Adams,
Untere Reihe: Montana, Arthofer, Maifliege, Fratnik, Mosquito
Angefangen von der Entomologie (Insektenkunde) über das selber binden von Fliegen bis zu den zig-tausenden von Fliegen die es bereits zu kaufen gibt ist dies ein schier unerschöpfliches Thema.
Lieber Fliegenfischer-Neuling! Lass Dich hier nicht frustrieren oder von Deinem Vorhaben, Fliegenfischen zu lernen, abbringen. Jeder Fliegenfischer schwört natürlich (zu Recht) auf seine Fliegen weil er damit gut oder sogar den Fisch seines Lebens gefangen hat.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich am Anfang getrost an die in den Fachbüchern empfohlenen Fliegen halten kann. Meist sind dies „Klassiker“ die nicht umsonst in vielen Büchern immer wieder auftauchen.
Da es hier um eine Grundausrüstung geht möchte ich mich auf ein paar wichtige Punkte begrenzen. Erstmal ist es für den Kauf von Fliegen wichtig den Unterschied zwischen Trocken- , Nassfliege und Nymphe zu kennen.
Trockenfliege:
Sie wird auf der Wasseroberfläche präsentiert. Man erkennt sie meist an dem Hechelkranz quer hinter dem Ör, am Leichtgewicht und vor allem an den schwimmfähigen Materialien die beim Binden verwendet wurden.
Mein Tip für eine Grundausstattung:
Adams
Mosquito
Red Tag
CDC-Fliegen (z.B. Fratnik)
Bivisible
Tricolore
Sie sind fast überall erhältlich und sehr fängig.
Nassfliege:
Wie der Name schon andeutet wird sie etwas tiefer gefischt. Die schlanke Form mit den meist nach hinten gestellten Flügeln sind Merkmale dieser Fliegenart. Zu den „Klassikern“ und als mein Tipp zählen:
March Brown ( Märzbraune)
Blue Dun
Alexandra
Nymphe:
Nymphen sind Fliegenlarven die meist in Grundnähe gefischt werden. Bei ihnen werden schwere und leicht sinkende Materialien verwendet wie Goldkopfperlen, Blei- oder Kupfer-Drähte sowie schwerere Haken. Zu meinen persönlichen Favoriten gehören:
Ritz „D“
Arthofer
Pheasant Tail (Fasanenschwanz-Nymphe)
Peacock
Montana
Auf Streamer oder Landinsekten gehe ich hier bewusst nicht ein weil diese meist für den Fliegenfischneuling schwer zu werfen und zu führen sind.
Kescher:
Abb.-07: Kescher
Ein Kescher gehört zwingend wie die Rute zur Grundausstattung! Ein hölzener Watkescher sieht zwar edel aus und ist auch gut wenn man im Wasser steht. Trotzdem ziehe ich einen kleinen, zusammenklappbaren und teleskopierbaren Kescher dem Holzwatkescher vor. Fischt man vom Ufer aus (ist ohnehin dem Waten vorzuziehen) hat der kleine Teleskopkescher erhebliche Vorteile gegenüber dem Holzkescher (z.B.: steiles Ufer).
Polarisierungsbrille:
Auch eine Brille ist ein Muß in der Grundausstattung!
Egal ob normale Brille, Sonnenbrille oder Polarisationsbrille. Gute Pol-Brillen gibt es schon ab 30,- €. Ein Haken im Auge kann das Augenlicht kosten!!!
Eine gute Pol-Brille schützt aber auch die Augen vor UV-Strahlen. Vor allem aber verbessert sie die Sicht auf den Fisch und die angebotene Fliege. Man kann sagen: je nach Preis reduziert sie mehr oder weniger die Spiegelung auf dem Wasser und die UV-Strahlen.
Messer, Fischbetäuber, Maßband und weiterer Zubehör:
Abb.-08: von links nach rechts: Schnurclip mit Nadel, Ketchum Release (Hakenlöser), Hakenlöseschere, Einhandmesser, Betäuber, Maßband, Zugwaage
Diese Dinge führt man immer bei sich! In vielen Gewässern sind sie zum Teil auch berechtigter Weise Pflicht.
Zur Erinnerung:
So zügig wie möglich: 1. Schritt, Entscheidung über Mitnahme oder Zurücksetzen. 2. Schritt, Betäubung bei Mitnahme oder schonendes Zurücksetzen. 3. Schritt, Kiemenschnitt (töten durch ausbluten). 4. Schritt, ausweiden (nicht auswaschen!).
Fliegenbox:
Abb.-09: Fliegenbox
Am besten sind Fliegen in Dosen aufgehoben in denen auf der einen Seite Schaumstoffleisten für die Nymphen und auf der anderen Seite Einzelfächer für die Trocken- und Nassfliegen angebracht sind.
Fliegenweste und Wathose:
Eine Fliegenweste ist zwar praktisch aber nicht zwingend erforderlich für die Erstausstattung.
Auch eine Wathose muß nicht sofort angeschafft werden. Man kann fast überall sehr schön vom Ufer aus fischen.
Fischkorb oder Kühltasche:
Wohin im Sommer bei 35 Grad mit dem gefangenen Fisch. Sehr edel und auch zweckmäßig sind Körbe zum umhängen. Durch ihre ovale Form passen sie sich gut am Körper an. Ich leg sie immer mit etwas Laub aus, so erhalt ich eine natürliche Umgebung und die Luft kann besser zirkulieren.
Mittlerweilen gibt es auch sehr praktische kleine, halbrunde Kühltaschen die mit einem Gurt um den Bauch getragen werden können. Sie haben eine Innen-Seitentasche mit Kühlakkus. Nachdem man die „Brotzeit“ gegessen hat bringt man schön 4 kleinere Forellen darin unter.
Weitere praktische Utensilien:
Bissanzeiger zum Nymphenfischen.
Kleine Zange zum andrücken von Widerhaken.
Fliegenfett für Trockenfliegen.
Amadou zum Trocknen von Fliegen.
Zum Schluss noch eine Bitte:
Lieber Fliegenfischneuling!
Gewöhn Dir von Anfang an das Fischen ohne Widerhaken an. Das bringt so viele Vorteile für Dich, den Fisch und Deine Ausrüstung. Man kann sich angewöhnen dass man bei neuen Fliegen schon beim Einsortieren in die Box den Widerhaken eindrückt.
Fliegenfischen ist nicht nur elegantes Werfen! Anhieb, Drill, zurücksetzen, landen, Behandlung des Fisches nach dem Fang, Respekt vor der Natur, die eigene Erholung, die Freude am Leben das alles ist wichtiger wie perfekt zu werfen!
So schön wie es ist aber versuch das waten im Wasser zu vermeiden und sollte es doch notwendig sein: Höchstgeschwindigkeit beim Waten ist 1 Meter in der Minute!
Versuch alles was Du tust immer unter dem Blickwinkel der Waidgerechtigkeit zu sehn.
Entnimm der Natur nur das was Du brauchst
und versuch möglichst alles zu verwerten was Du der Natur entnommen hast.
Alte Indianerweisheit