Dann will ich nochmal,
Erstmal zum Thema "in Dreck gelangt". Das ist bei den beliebten Bootstypen Ringmeier und Kraller so ne Sache. Die werden in unserer Breite auch bei sehr schwacher Substanz für sehr viel Geld gehandelt und die Bootsformen haben halt auch ihre Qualitäten in sachen Ruderbarkeit. Letztlich kann man da im Prinzip auch fast alles so reparieren, das hinterher funktional keine Einschränkungen mehr zu erwarten sind. Wenn mir jemand für 300 Euro ein in der Mitte durchgebrochenen Kraller A54 anbieten würde, würd ich den vermutlich nehmen. Für das gleiche Geld mach ich den wieder ganz und kann ihn dann für mindestens 1500€ wieder verkaufen (nur die nackte Schale ohne irgendwelchen Ausbau).
Ich denk die wichtigste Frage wenn du das Projekt angehen willst ist, ob du genug Zeit und Muse dafür hast, sowie auch eine langfristig beheizte Halle mit im Idealfall 20°C um zum einen das Trocknen des GFKs zu beschleunigen aber auch um ausreichende Temperaturen zum Aushärten des Harzes zu haben.
Was den finanziellen Aspekt angeht, kommt es sehr auf den eigenen Anspruch und die Ideen an welche man in dem Boot umsetzen will. Ich vermute, das man in den hier genannten Grenzen 500-1000€ schon was machen kann. Wohlgemerkt ohne speziellere Ausstattung wie Ausgleichsgewichte, Rutenhalter etc.
Hier mal ein paar konkrete Tips und Anhaltspunkte:
1. Harz System
Nimm Epoxidharz! Auf das ursprüngliche Harzsystem Rücksicht zu nehmen ist aus meiner Sicht Quatsch, da dieses nach dem Durchhärten mehr oder weniger inert ist und damit keine bessere Haftung bei gleicher Chemie zu erwarten ist. Epoxidharz hat insbesondere bei der Haftung, der Festigkeit und der Wasserbeständigkeit die Nase vorn im Vergleich zu Polyesterharz. Die beiden einzigen Nachteile sind die geringere UV-Beständigkeit (Vergilbung) daher sollte es immer überstrichen werden und der höhere Preis.
Konkret kann ich dir das 300er Harz von https://www.bootsservice-behnke.de/contents/de/d61.html empfehlen. Das ist vermutlich nicht das billigste, hat mich aber noch nie im Stich gelassen und ich hab davon schon ca. 100kg verarbeitet. Das Harz härtet insbesonderer nicht ganz so spröde aus wie manch andere Harzsysteme was mir gerade im Bootsbau sehr sympathisch ist.
2. Füllstoffe/Spachtel/ Klebemassen.
https://www.bootsservice-behnke.de/contents/de/d22.html
Eine der für mich wichtigsten Erkenntnisse. Mann kann abgesehen von der Beschichtung / dem Lack eigentlich alles mit dem Standard Harz (z.B. dem 300er von Behnke) + zwei verschiedenen Füllstoffen machen. Hol dir davon je einen 5 Liter Eimer und du brauchst keine anderen Klebe oder Spachtelmassen im Umgang mit dem Laminat.
a. Schleifbare Spachtelmassen
Um Unebenheiten zu glätten rührt man Microspheres in das fertige Harz Gemisch und erhält eine gut schleifbare Spachtelmasse.
b. "hochfeste" Klebemassen
Um Teile zu verkleben oder tiefere Löcher auszubessern die etwas aushalten sollen verwendet man Microfibern. Die ausgehärtete Maße ist zäh-elastisch und eher schlecht schleifbar.
3. Innenbodenaufbau
Hier würde ich das Styrodur vermutlich mit einer Kombination aus Microsperes (um Gewicht zu sparen) und Microfiber (für etwas bessere Festigkeit) auf den Innenboden kleben. Alternativ gäbe es auch Additive welche Epoxidharz aufschäumen lässt. Ich würde eher nicht mit anderen Schäumen arbeiten wollen. Die Übergänge und Spalten zur Bootswand würde ich dann mit Spachtelmaße mit einem schönen Radius ausführen und anschließend den Boden mit Glasfaser zu einer Mindestlaminatstärke von 2mm aufbauen. Da wirst du mit 2kg Harz vermutlich auch nicht ganz hinkommen. Das lässt sich mit den Harzverbrauch der Matten und der voraussichtlichen Laminatstärke aber ganz gut ermitteln.
4. Glasfasern
Ich kann dir das Biaxial Glasgelege als günstige und gut zu verarbeitende Verstärkungsfaser empfehlen. https://www.bootsservice-behnke.de/contents/de/d33.html
Es lässt sich recht gut trapieren (an Rundungen anformen) und man muss nicht so stark aufpassen das es nicht ausfranst wie es bei Geweben oft der Fall ist. Lediglich als Abschlussschicht würde ich dir ein dünnes Glasgewebe + ein Abreisgewebe emfpehlen. Letzteres hält dir die Oberfläche sauber bis du mit dem Lackieren beginnst und hinterlässt dir nach dem Entfernen eine perfekte Oberfläche für das nachfolgende Beschichten
5. Vorbehandlung der Oberflächen
Acht darauf, das du die Oberflächen wenn du Beschichtest, laminierst und verglebst immer gut anraust (schleifen, strahlen) und reinigst. Am besten holst du dir einen Silikonentferner + Aceton oder Isopropanol. Wenn du hier schluderst und Staub oder Fettrückstände auf der Ausgangsoberfläche sind, kann das Epoxidharz nicht sein volles Potential entfalten.
6. Initialer Anschliff entfernen aller losen schichten.
Ich vermute, dass du für das schaffen der Grundlage auch nicht ums Schleifen herumkommst. Sandstrahlen ist gut um locker sitzenene Schichten abzulösen und feste Schichten anzurauhen. Bei den Osmosestellen musst du aber tatsächlich bis zu den Blasen alles rausschleifen. Ich hab bei meinem Boot teilweise alte Reperaturstellen auch mit dem Stemeisen abgeschabt. Alles was nicht fest sitzt muss runter!
7. Scheuerleiste
Ich hab mir damals für mein Ringmeier eine Scheuerleiste geholt. Das fand ich einen guten Abschluss und mach den Rand deutlich Robuster bei Andozern.
https://www.ringmaier-boote.de…hop/item.php?&iTableID=34
So das wärs erstmal von meiner Seite.
Viel Spaß beim Grübeln
Matthias