Habe bei meinen letzten Kormoranrecherchen ein paar interessante Informationen gefunden. Die Berichte der Ornitologen haben mir soviel Spaß gemacht, daß man mir den manchmal albernen "Erzählerton" verzeihen möge
Über Kormorane und Brillenträger mit Vorliebe für Eierlikör.
Bis vor kurzem war der einzige bekannte natürliche Feind des Kormorans der Seeadler. Hat er eine Kormorankolonie in der Nähe, bedient er sich zur Brutzeit bevorzugt an den Jungvögeln und macht somit große Teile des Bruterfolgs der schwarzen Vögel zunichte. So ist sein Einfluss am Steinhuder Meer heute bereits so wirkungsstark, daß er die Populationen der Kormorane erfolgreich in Zaum hält. Dumm nur, dass es so wenig Seeadler bzw. geeignete Lebensräume für diese gibt. Oft hat der randalierende „schwarze Block“ nach einiger Zeit von der Tyrannei des „Herrschers der Lüfte“ aber so den Schnabel voll, daß er beleidigt von dannen zieht und sich neue Reviere sucht. Mittlerweile hat sich allerdings noch ein anderer Akteur auf der Bildfläche gemeldet. Dieser steht in seinem Ausbreitungswillen dem Kormoran um nichts nach, und nimmt den schwarzen Gauner auf seiner Suche nach neuen Revieren gerne und freudig in Empfang:
Die Ornithologen und Vogelschützer an den Northeimer Kiesteichen und im Leinepolder Salzerhelden waren verzweifelt. Trotz hervorragendem Nahrungsangebot und passender Umgebung will sich der Kormoran nicht richtig entfalten, es stellten sich kaum Bruterfolge ein. Bis eines Tages ein Waschbär beim Verdauungsschläfchen in einem Kormorannest gefunden wurde. Die bebrillten Pelzträger hatten schnell herausgefunden, daß zur Brutzeit die Nistbäume der Kormorane einem üppigen Buffet für Eierspeisen glichen. Seitdem ist diese pelzige Spaßguerilla pünktlich zur Brutzeit auf den Bäumen der Kormorane und fröhnt dort wilden Eierlikörpartys.
Auch andernorts mußten die Kormoranschützer verbittert ähnliche Erfahrungen machen. Ein Kolonne „Heimatvertriebener“, denen die Diktatur eines Seeadlers zuviel wurde, versuchten sich an einem Gewässer westlich von Potsdam anzusiedeln und begannen mit dem Nestbau. Entsetzt stellten die Ornitologen fest, das nach einiger Zeit der Nestbau abgebrochen wurde und 120 Nestruinen die Bäume zierten. Die Vögel waren frustriert von dannen gezogen, da die brilletragende Mafia bereits vor der Brutzeit den Nestbau regelmässig kontrollierte. Dezent wurden die schwarzen Brüder dabei darauf hingewiesen, daß sobald ihre Nester bezogen wären und das fröhliche zukacken und weiseln der Bäume begäne, Schutzgelder in Form von Kormoraneiern fällig wären.
Groß ist nun die Trauer unter den Kormoranschützern. Selbst der Gedanke einer verstärkten Bejagung der Waschbären mußte schnell wieder begraben werden. Nach jedem erlegten Waschbärweibchen trösten sich die Hinterbliebenen so liebevoll, daß in Kürze zwei junge Nachfolgerinnen schwanger sind. Und gelingt es doch einmal einen verstärkten Druck auf die Tiere aufzubauen, dringt der maskierte Mob marodierend in die Vororte der Städte ein, und hinterlässt Zerstörung und Chaos.
Was soll man davon halten? Schliesslich ist der Waschbär ursprünglich nicht wirklich hier heimisch. Zur Pelzzucht eingeführt, machten sich die possierlichen Kerlchen 1934 von einer Farm am Edersee aus selbstständig und führen von dort aus einen erfolgreichen Verbreitungszug. In den Jahren 2001 – 2003 wurden alleine im Landkreis um den Edersee über 5000 Stück abgeschossen. Eigentlich sollte dies kein Grund zur Freude sein. Wenn man aber bedenkt, daß die maßlose Ausbreitung des Kormorans genauso schädlich und mit den alten bleihaltigen Hausmitteln nicht wirklich kontrollierbar ist, lässt sich dem Brillenträger doch etwas positives abgewinnen. Oder anders ausgedrückt: Wenn man schon die bittere Pille der unkontrollierbaren Ausbreitung von Tierarten schlucken muß, dann lieber den Doppelpack Kormoran & Waschbär als einem der beiden alleine das Revier überlassen. Ich jedenfalls werde dem nächsten Waschbären dem ich begegne nicht das Fell über die Ohren ziehen, sondern ihm freundlich den Weg zur nächsten Kormorankolonie weisen.