Ein halbes Anglerleben - Fortsetzung v. 23.12.06

  • @ Alle: auch aus dieser "Ecke" Frohe Weihnachten! Für mich war im vergangenen Jahr dieses Forum ein echtes Highlight! Danke für die vielen Anregungen und die freundschaftliche Atmosphäre hier und im richtigen Leben (Weißbräu usw.)....


    und wer an den Feiertagen ein bisserl was lesen möchte, hier ist die Fortsetzung vom letzten mal. Laut Inhaltsverzeichnis gehts weiter mit den Kapiteln


    Fischzüge an Land
    http://www.alpines-angeln.de/e…r-trap-red-head-t544.html


    Hintersee
    http://www.alpines-angeln.de/lese-ecke-t810.html


    Der Ziegeleiweiher


    Im Jahr 1970 war ich anglerisch sehr aktiv. Schon eine Woche nach dem Vorfall vom Hintersee konnte ich an der Würm drei Karpfen mit der schwimmenden Brotkruste überlisten. Das war aber auch nicht sehr schwer, weil die Bäckerei einen Gutteil der zurück gekommenen alten Brote über die Würm und ihre Bewohner entsorgte. Zu diesem Zweck hatten die Bäcker einen großen, eisernen Korb am Geländer vor der Küche so fest gebunden, dass er zur Hälfte im Wasser hing. Da hinein wurden die Brotlaibe geworfen. Von oben knabberten die Schwäne und Enten am Brot, unten nagten die Brachsen und Rotaugen, Karpfen und Aitel an dem Futter. Immer wieder kamen kleinere Gruppen von Fischen an oder ließen sich wieder mit der Strömung wegtreiben. Wenn ich dann einem ankommenden Trupp von Karpfen meinen Brotköder entgegen warf, wurde er von den jugendlichen Karpfen begierig angenommen.


    In diesem Jahr fand ich ein weiteres Gewässer, an dem es nicht störte, dass ich noch keinen eigenen Angelschein hatte und wo ich trotzdem ohne meinen Vater fischen konnte. Es war dies der Ziegeleiweiher in Lochhausen.


    Der Ziegeleiweiher ist ein Stück weit mit meiner Anglerwerdung verknüpft. Eigentlich ein Gewässer, von dem viele, die heute in dem, mittlerweile zum Naherholungsgebiet avancierten, ehemaligen Ziegeleigelände umher spazieren nicht glauben, dass es überhaupt Fische beherbergt. Ich muss zugeben, ich glaube es selbst kaum mehr. Trotzdem denke ich gerne an meine Zeit am Ziegeleiweiher zurück. Eine Zeit, die noch vor dem offiziellen Fischen an Vereinsgewässern, vor der herannahenden Pubertät, vor schulischen Klippen und Hürden, vor allerlei anderen Interessen, ja ich bin versucht zu sagen, vor allerlei späteren Ablenkungen vom Fischen, begann, als ich gerade 11 Jahre alt war. Es ist das Datum 25.7.1970, unter dem mein Fangbuch die erste Eintragung über den Ziegeleiweiher aufweist. Dieser Weiher entstand, als in Lochhausen ein Ziegelwerk Lehm aus der nördlichen Flanke des Teufelsbergs, der höchsten Erhebung der Aubinger Lohe, heraus kratzte, um daraus Ziegelsteine zu brennen. Der Betrieb benötigte offensichtlich eine Grube, in der er die, beim Pressen und Formen des nassen Lehms entstehenden Abwässer einleiten konnte. Das Ziegelwerk mag bis dahin 50, oder auch 100 Jahre bestanden haben, ich weiß es nicht. Es wurde jedenfalls Mitte der 60er Jahre stillgelegt. Ich kann mich noch erinnern, als meine Eltern das Grundstück in Lochhausen gekauft hatten, fuhren wir manches mal an warmen Sommerabenden dorthin, um die Liegenschaft zu besuchen. Wenn wir auf der Straße, die das Ziegeleigelände durchkreuzte, fuhren, musste mein Vater den Ford immer abbremsen, weil auf den quer über die Straße verlegten Schienen nicht selten die kleine Betriebsbahn der Ziegelei herannahte. Eine Zeit übrigens, zu der wir noch auf dem Heimweg mitten durch den Wald, die eben genannte Aubinger Lohe, auf kleinen Forstwegen mit dem Auto fahren durften. Obwohl es mich doch ein wenig gruselte, erbettelte ich oft bei meinem Vater die Fahrt über den Teufelsberg, weil in der Abenddämmerung meist Rehe zwischen den kahlen Stangen des Waldes zu sehen waren. Nach dem Ende der Lochhauser Ziegelwerke kümmerte sich lange Jahre niemand um das brachliegende Gelände. Die Abwassergrube lag an der tiefsten Stelle des Geländes, die steilen Ufer waren mit Weidenbüschen dicht bewachsen. Als ich den Weiher das erste mal sah, hatten bereits Angler das Gewässer für sich entdeckt. Es war ein ziemlich gemischter Haufen, diese Angler am Weiher. Die meisten waren Kinder und Jugendliche aus Lochhausen, es kamen aber auch ein paar Erwachsene aus der Stadt. Ob irgendeiner, der seine Angel hier auswarf auch im Besitz einer offiziellen Angelerlaubnis war, ist äußerst zweifelhaft, ich glaube es aber nicht. In dem Weiher schwammen Schleien, viele Schleien und nur Schleien umher. Freilich, es gab einige Jungs, die behaupteten, ihr Vater, Onkel oder irgendeine andere respektable Fischerpersönlichkeit habe gesagt, dass in dem Weiher auch kapitale Karpfen und riesige Aale hausen würden. Alle, auch ich, glaubten solche Geschichten gerne, Tatsache ist jedoch, dass ich damals nichts anderes als Schleien als Beutefische gesehen habe. Der Ziegeleiweiher war wohl eine richtige Monokultur. Wir fingen schöne Schleien, bis zu 35 cm und mehr, mit Würmern, Brot und Plötzol, einem fertigen Teig aus der Tube. Wir, damit meine ich nicht nur die bunte Fischergemeinde im allgemeinen, sondern auch meinen damaligen Klassenkameraden Andreas F. und mich. Die Kameradschaft mit Andreas wurde von seiner Mutter in die Wege geleitet. Seine Eltern wohnten schon lange in Lochhausen. Meine Eltern zogen im Herbst 1966 nach Lochhausen, ich wechselte von der Volksschule in Pasing in die Volksschule in Lochhausen. Mein einziger außerschulischer Kontakt mit Kindern aus der unmittelbaren Nachbarschaft bestand zu einem Mädchen, das zwei Häuser weiter wohnte und zu Andreas. Andreas teilte meine Angelleidenschaft. Wir fischten nicht nur gemeinsam am Ziegeleiweiher, wir besuchten auch gemeinsam den Sportfischerlehrgang und legten beide die Sportfischerprüfung ab. Das war aber erst am 21. November 1970. Vorher angelten wir ausgiebig am Weiher in der Ziegelei. Meine Aufzeichnungen in Sachen Lehmkuhle reichen bis in den September dieses Jahres, wobei ich nur die Tage beschrieben habe, an denen ich auch Beute gemacht habe. Die Schleien wurden größten Teils verschenkt, ich glaube vor allem an einen Nachbarn. Als alter Aussi (er war als junger Mann nach Australien ausgewandert und hatte dort offensichtlich das Überleben in extremen Situationen gelernt) hat er die meisten abgekriegt. Andi hat von seiner Mutter sogar die Erlaubnis erhalten, die Schleien lebend nach hause zu bringen und im Pool im Garten schwimmen zu lassen. Überhaupt war die gute Frau F. bei allen Sonderlichkeiten in dieser Beziehung ganz okay. Sie hat auch einen Angelschein erworben, um - wie mein Vater - ihrem Sprössling die Ausübung seines Hobbys zu ermöglichen. Außerdem ist sie mit Andi und mir zu ihren Verwandten in die Oberpfalz gefahren, wo wir in der Naab fischten. Leider kann ich nicht mehr feststellen, wann das genau war. Ich glaube jedoch, dass es erst 71 oder 72 war. Es war jedenfalls ziemlich erfolglos. Irgendwie war es, glaube ich, auch kurz vor Ende der Hechtschonzeit, also irgendwann Anfang April. Das Problem war, dass wir deswegen nicht blinkern durften. Hechte und Barsche waren aber in einer Ausleitungsstrecke zu sehen, im Gegensatz zu den gesuchten Karpfen. Für die war es wohl noch zu kalt. Erst bei der Heimfahrt haben wir dann Karpfen in Hülle und Fülle gesehen, weil wir zusehen konnten, wie ein Karpfenteich abgefischt wurde.


    Am Scharinenbach


    Aber die positivste Erinnerung an Frau F. ist verbunden mit unserem kindlichen Versuch, Regenbogenforellen im Scharinenbach zu halten. Der Scharinenbach ist ein Entwässerungsgraben, der zunächst fast parallel - allerdings hinter der Häuserzeile - zur Straße verläuft, in der wir wohnten. Hinter dem F.´schen Grundstück ist der Bach noch ganz nahe. Diese Tatsache animierte uns damals nicht nur dazu, mit der Hand nach den dort heimischen Bachsaiblingen zu fischen, sondern auch, das Teilstück bei F.s abzusperren und mit Fischen zu besetzen. Mit Zustimmung von Andis Mutter bauten wir also Sperren aus Weidenbüschen und fuhren in die Fischzucht beim Inselsee im Dachauer Moos. Dort durften wir circa 10 oder 15 junge Regenbogenforellen kaufen. Die Fischlein wurden dann zu hause in den Bach geworfen und ausgiebig beobachtet. Leider brach bei unseren Versuchsobjekten bald der berüchtigte Wandertrieb der Regenbogenforelle durch und ihre Zahl schrumpfte täglich. Dammbrüche taten das ihrige dazu und wir mussten unsere Lieblinge durch ausgedehnte Fischzüge entlang des Scharinenbaches immer wieder zusammenfangen. Das alles nutzte jedoch nichts, weil die böse Erwachsenenwelt in der Gestalt irgendeines "Entwässerungswartes" Anstoß an unseren gewässerbaulichen Maßnahmen nahm. Die Staudämme mussten geschliffen werden, die Fischlein nutzten die unerwartete Chance und nahmen bachabwärts Reißaus.


    An diesem Scharinenbach verbrachten wir viele, viele Nachmittage. Dort lernte ich auch einen begnadeten „Hand“-Fischer, den gleichaltrigen Helmut kennen. Helmut stammte aus einem Malergeschäft. Sein elterliches, bzw. großelterliches Grundstück grenzte ebenfalls an den Scharinenbach an. Allerdings auf der anderen Uferseite. Helmut konnte die Fische unter dem ausgespülten Ufer förmlich herauskitzeln. Unter allen, die das probierten, meine Person eingeschlossen, war er der absolute König. Er fing jeden Fisch mit der Hand. Einmal erbeuteten wir gemeinsam eine ausgehungerte Bachforelle von vielleicht 35 cm im Scharinenbach. Diese Beute bereitete uns meine Mutter zu und wir verspeisten sie gemeinsam.


    (Fortsetzung folgt)

    und wenn Du glaubst, es beißt nie mehr
    dann kommt von irgendwo ein Fisch daher

  • Genial Klaus!!!


    Immer wieder Plötzol :wink: . Mit dem Teig hab ich sogar in Schwendt meine Forellen gefangen. Das war so um 1978 rum denke ich.


    An der Naab war ich dieses Jahr mit meinem Sohn. Leider darf man dort erst ab 1. September Kunstköder verwenden :( und wir waren Ende August vor Ort.
    4 Tage nur Köderfische erwischt.....


    Bin gespannt wie die Geschichte weiter geht.....

    A mit Huad fangt ma Fisch! Bääärig!

  • Hallo Klaus,


    Deine Texte sind ein echtes Highlight und erinnern mich sehr an meine Anfänge, auch wenn das ganz anders ablief, aber die Leidenschaft die bei Dir spürbar ist war auch bei Berndi Anfang der Siebziger total entfacht!


    Komm gut nach 2007 und auf ein gemeinsamrs Fischen am geliebten Walchensee


    Bernd

  • Hallo Bernd,


    vielen lieben Dank! Ich freu mich auch schon auf den Beginn der Walchenseesaison 2007 und hoffe, dass es nächstes Jahr wieder mit einem gemeinsamen Angeln klappt. Dir und Deiner Familie Alles Gute für das Neue Jahr!!!!


    ... Und an dieser Stelle @Alle: Frohes Neues Jahr !!!!!


    Klaus

    und wenn Du glaubst, es beißt nie mehr
    dann kommt von irgendwo ein Fisch daher

  • Hallo Klaus, hoffe auch Du bist gut in 2007 gelandet!


    Immer wieder klasse, Deine Geschichte zu lesen... das ist echt ein Highlight!!!


    Karl : 1978??? Da konnte ich gerade mal mit meinem Spielzeugtraktor über den Hof fahren!
    Ich merke schon: Ich habe noch eine Menge aufzuholen :mrgreen:

    Viele Probleme erledigen sich von selbst, wenn man sie nicht dabei stört.