Nachdem die bisherigen Auszüge aus meinen Aufzeichnungen so freundlich von Euch angenommen wurden, fange ich jetzt ganz von vorne an, hier das Büchlein mit dem Titel "Ein halbes Anglerleben" zu veröffentlichen. Viel Spaß!
Inhaltsverzeichnis des ersten Teils
Vorwort 5
Der Anfang am Millstättersee 7
Die Würm 16
Schande: Sportfischer angelt in Fischzucht! 23
Fischzüge an Land 26
Der Hintersee 32
Der Ziegeleiweiher 36
Am Scharinenbach 42
Ausflug zur Amper 44
Das Ende vom Millstättersee 45
Die Jahre am Langwiedersee 47
Maisach und Isarkanal 57
Der Starnbergersee 60
Epilog 78
Vorwort
Ein halbes Anglerleben – was soll das eigentlich heißen? Geht es hier um Einen, der nur halbherzig geangelt hat, ein halbes Anglerleben in dem Sinn, in dem wir einen gescheiterten Juristen als Halbjuristen vom Volljuristen unterscheiden? Sicher nicht, fühle mich doch als leidenschaftlicher, passionierter und mit ganzer Seele bekennender Angler. Trotzdem, ein „ganzes“ Anglerleben war es bisher auch nicht. Immer gab es ein „ich muss aber...“, sei es nun die Schule, das Studium oder die Kanzlei gewesen, welches meinen anglerischen Träumen zumindest ein bisschen im Wege stand. Ein halbes Anglerleben, auch deswegen ein halbes, weil man spätestens dann, wenn es keinen Älteren, keinen Vater mehr gibt, erkennt, dass alles endlich ist. So unweigerlich, wie auch der schönste Angeltag einmal zu Ende geht. Als mein Vater im März 2002 starb, hatte ich plötzlich das Gefühl, mindestens die Hälfte meines eigenen Lebens schon gelebt zu haben. Und so kam es, dass ich mich hinsetzte, um eine Art Zwischenbilanz zu ziehen. Sehr geholfen haben mir dabei meine Aufzeichnungen, die ich all die Jahre hindurch – mit nur wenigen Faulenzerjahren dazwischen – geführt habe. Meine Fangbücher dienten mir dabei als „Gedächtnisstütze“, als Souffleur für das Zeitgeschehen um uns herum, das man doch zu kennen glaubt und doch so vieles davon vergisst. Ein halbes Anglerleben also auch deswegen, weil ich mich bemüht habe, nicht nur Angeltag an Angeltag zu reihen, sondern auch die Ereignisse dieser Jahre, die rein gar nichts mit meiner Anglerei zu tun hatten, zu berichten. Meinen Leserinnen und Lesern wünsche ich viel Vergnügen auf meiner privaten kleinen Zeitreise.
Der Anfang am Millstättersee
Losgegangen ist die ganze Sache im Jahre 1968. Ich war damals neun Jahre alt. Meine Eltern hatten schon ein paar mal unsere Sommerferien gemeinsam mit Freunden geplant und dann verbracht. „Onkel Paul“ stammte wie mein Vater aus Spremberg. Außerdem war er ein Berufskollege und der wohl beste Freund meines Vaters in der Zeit nach dem Krieg bis zu seinem Tode im Jahre 1994. Paul und Rosi lebten damals noch in Ingolstadt. Sie hatten ebenso wie meine Eltern nur ein Kind, ein Mädchen namens Birgit. Birgit war ein paar Jahre älter als ich und erzählte mir schon Geschichten, die ich größtenteils nicht recht verstand, die mir aber doch manches mal heiße Ohren verschafften.
Wir verbrachten also unsere Urlaube zusammen in Seeboden am Millstättersee in Kärnten. Die Freunde hatten dort in den Ferien ein kleines Häuschen direkt am See gemietet. Dieses „Chalet“ war - aus heutiger Sicht betrachtet - der absolute Traum. Über kleine Nebenstrassen gelangte man zu dem Grundstück, das dem Ankömmling zunächst nur seine Rückenseite zu kehrte. Durch ein klappriges, altes Schwenktor im verrosteten Gartenzaun konnte das Familienauto, mein Vater fuhr damals noch Ford, auf einer halb verwilderten, meist ziemlich vertrockneten Wiese mit wenigen, ungepflegten Obstbäumen abgestellt werden. Schon beim Verlassen des Wagens konnte man einen schmalen Streifen der meist glitzernden, durch einen tagsüber ständig wehenden Wind bewegten Oberfläche des Sees erkennen. Der Blick ging nach Süden, also über die schmale Seite des langgestreckt daliegenden Gewässers. Auf der anderen Uferseite schlossen sich sofort bewaldete Hügel und dahinter noch eine niedrige Bergkette der nach Süden, zur italienischen Grenze hin auslaufenden Alpen an. Da wir meist am späten Vormittag in Seeboden ankamen und an Reisetagen auch meist die Sonne schien, blendete uns das un-gewohnte Licht des gleißenden Wassers beim ersten Schauen. Sogleich mit irgendwelchen Koffern und Reisetaschen „bewaffnet“ (ein Ausdruck meines Vaters) marschierten wir Richtung See. Je mehr man sich dem Wasser näherte, umso deutlicher wurde, dass man sich noch hoch über dem See befand. Nach der recht ebenen Wiese folgte nämlich plötzlich ein steiler Abhang, über den eine aus ziemlich unfertigen Natursteinen hergestellte Treppe zum eigentlichen Seegrundstück hinab führte. Ab da begann für mich das eigentliche Paradies. Mit dem Betreten der Treppe tat sich der Blick auf. Unten lag das kleine Häuschen, man hätte ihm aufs Dach spucken können, so sah es aus dieser Perspektive aus. ........................... (wird fortgesetzt)