Materialkunde Fliegenbinden: Fliegenhaken

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  • Materialkunde


    Fliegenhaken


    Irgendwann gibt es soviele Haken wie Fliegen. Wer soll da noch durchblicken? Allein die 5 größten Hakenfirmen (Tiemco, Kamasan, VMC, Mustad und Partridge) bieten schon einige Hundert verschiedene Produkte. Der Bericht kann und soll auch nicht alle möglichen Muster erklären und ist vor allem für Fliegenfischeinsteiger gedacht. Andere Angelarten sind hier nicht berücksichtigt.


    Wenn man sich beim Fliegenbinden unterhält geht es immer wieder um Begriffe wie "Faden nach vorne führen" oder "eine Feder nach hinten einbinden" usw. Wo aber ist vorne und hinten?


    Betrachten wir uns einmal einen "ganz normalen" Fliegenhaken in der Nahaufnahme.


    Bei den meisten Fliegen wird der Kopf in Ör-Nähe gebunden und das Schwänzchen am Hakenbogen. Daraus ergibt sich schon unsere erste Antwort. Vorne ist in der Regel am Ör und hinten ist am Hakenbogen. Dazwischen liegt der Hakenschenkel. Genauso stellt sich die Frage wo ist oben und wo unten? Auch das ergibt sich durch den Aufbau der Fliege und wie sie dann auf dem Wasser liegt. Flügel werden in der Regel auf den Hakenschenkel gebunden und der Hakenbogen mit der Hakenspitze sinkt in den Wasserfilm ein. Also ist der Hakenschenkel oben und die Hakenspitze unten. Ich schreibe absichtlich "in der Regel" da es natürlich auch hier Ausnahmen gibt, z. B. USD (Up Side Down - ) Fliegen welche verkehrt herum gebunden werden.



    Das Ör (eye):


    Das Ör kann nach oben oder nach unten gebogen oder auch gerade sein. Warum ist das so?


    Aufwärts gerichtetes Ör (up eye):



    Durch das aufwärtsgerichtete Ör bleibt mehr Platz für Materialien beim Binden. Dies ist besonders bei voluminösen Streamern und auch Lachsfliegen der Fall. Nachteil ist dass die Zugrichtung nicht der Hakrichtung entspricht.


    Abwärts gerichtetes Ör (down eye):



    Obwohl durch die Abwärtsrichtung des Ör's der Abstand zwischen Hakenspitze und Ör verkleinert wird ergibt sich daraus trotzdem ein kleiner Vorteil, nämlich die Zugrichtung. Sie ist günstiger als bei einem aufwärts gerichteten Ör da sie eher der Hakrichtung entspricht.


    Gerades Ör (ring eye):



    Das gerade Ör ist ein Kompromiß zwischen aufwärts und abwärts gerichtetem Ör wenn man langschenklige Fliegen oder Streamer bindet. Zum Einen benötigt man den Platz zwischen Hakenspitze und Ör für voluminöse Körper und zum Anderen möchte man aber gerade bei größeren Fischen keine Einbußen bei der Zugrichtung.


    Eine Sache sollte zum Thema Hakenör noch erwähnt werden. Bei sehr kleinen Haken wird es manchmal etwas problematisch das Vorfach einzufädeln. Dafür haben sich einige Hersteller eine findige Idee ausgedacht. Sie haben einfach das Ende des Drahts verjüngt und damit ein größeres Loch zum einfädeln des Vorfaches geschaffen. Die Haken werden dementsprechend bezeichnet:


    Normales Ör (ball eye), verjüngtes Ör (tapered eye).


    Der Hakenschenkel (shank):


    Als Hakenschenkel ist der meist gerade Teil zwischen Ör und Hakenbogen gemeint und zwar ohne Ör und ohne Bogen. Auf ihn wird das Material gebunden.


    Die Hakenlänge (nicht Größe!) wird oft mit 1x long, 2x long, 3x long oder 1x short, 2x short, 3x short usw. bezeichnet. Long bedeutet dass die Hakenlänge der Hakenlänge des nächst (1x) oder übernächst (2x) usw. größeren Hakens entspricht. Bei der Angabe short ist der nächst (1x), übernächst (2x) usw. kleinere Haken gemeint. Also die Hakenlänge eines Hakens der Größe 10/1x long entspricht der Hakenlänge eines Hakens der Größe 8. Bei Short entspricht dann z.B. die Hakenlänge eines Hakens der Größe 10/1x short der Hakenlänge eines Hakens der Größe 12, 10/2x short der Größe 14 usw.


    Die Hakengröße wird über die Öffnung (gape) bestimmt - also dem Abstand zwischen Hakenspitze und Hakenschenkel nicht durch die Länge des Hakens!


    Dazu später in diesem Kapitel.


    Der Hakenbogen (bend):


    Rundbogen (round bend):



    Der Bogen ist fast kreisrund. Diese Haken werden hauptsächlich bei kleinen Trocken-, Nass-Fliegen und Nymphen verwendet da sie auch die größte Öffnung haben, also den Abstand zwischen Hakenspitze und Hakenschenkel.


    Sproat-Bogen (sproad bend):




    Der Sproadbogen wurde entwickelt um dem Haken eine größere Festigkeit zu verleihen. Auch Sproadbogen-Haken werden wie Rundbogenhaken mehr für kleinere Fliegen verwendet.


    Limerick-Bogen (limerick bend):



    Der Limerick-Haken ist durch den oberen und unteren, stark ausgeprägten Winkel beim Bogen der stärkste Haken dafür hat er aber die kleinste Öffnung und ist aus diesem Grund eher für Streamer und auch Maifliegen geeignet. Maifliegen mit einem Extended-Body bekommen durch diese Art von Bogen eine schöne Krümmung nach oben.


    Weitere Hakenformen:


    "Normaler" Trockenfliegenhaken (Dry Fly Hook):



    Zur Verdeutlichung nochmal ein normaler Trockenfliegenhaken. Die Unterscheidung ist hauptsächlich in der Drahtstärke. Nassfliegenhaken und Nymphen sind meist dicker und schwerer da sie ja im Wasser bzw. Grundnähe gefischt werden wogegen Trockenfliegenhaken dünndrahtiger und damit auch leichter sind denn sie sollen ja schwimmen.


    Shrimp-Haken:



    Bachflohkrebse, Shrimps und sogar Maifliegen werden damit gebunden. Der gekrümmte Hakenschenkel entspricht seinen natürlichen Vorbildern. Bei Bachflohkrebsen immer auch an eine Bleibeschwerung denken da sie ja in Grundnähe gefischt werden.


    Selbstverständlich gibt es noch viele weitere Hakenformen. Diese alle aufzuführen würde den Rahmen sprengen weshalb ich es vorerst bei diesen beiden, am häufigsten verwendeten Hakentypen, lasse.


    Die Hakenspitze (point)


    Fliegenhaken mit Widerhaken (barb):



    Aus heutiger Sicht ist ein Widerhaken vollkommen überflüssig, ja er hat sogar erhebliche Nachteile gegenüber einem Schonhaken. Die Kerbe die durch das aufbiegen des Widerhakens entsteht führt wesentlich schneller zum Bruch der Spitze. Ein entfernen des Hakens aus dem Fischmaul, dem Kescher, der Kleidung, dem Ohr oder sonst welchen Körperteilen ist immer mit Problemen für Fisch und /oder Fischer verbunden.


    Fliegenhaken mit angedrückten Widerhaken:



    Leider gibt es immer noch Fliegen mit Widerhaken obwohl bereits in den meisten Fließgewässern Widerhaken verboten sind. In diesem Fall sollte man immer eine kleine Zange dabei haben um den Wiederhaken anzudrücken. Das ist vollkommen legitim. Auch zum Fliegenbinden sind meiner Meinung nach immer noch zuviele Haken mit Widerhaken in Umlauf. Befrägt man die Firmen so bekommt man zur Antwort dass die meisten Angler immer noch kein Vertrauen zu Schonhaken haben und sich Schonhaken einfach nicht so gut verkaufen lassen.


    Fliegenhaken ohne Widerhaken (barbless) / Schonhaken:



    Schonhaken sind einfach eine feine Sache. Untermaßige Fische lassen sich noch im Wasser mühelos (für Fisch und Fischer) meist nur durch locker lassen der Schnur abschütteln. Mit der heutigen Ausrüstung und einem feinfühligen Drill geht ohne Widerhaken kein einziger Fisch mehr verloren als mit Widerhaken. Egal wo der Haken hängt, im Baum, Gebüsch, Kescher, Kleidung oder an irgendwelchen Körperteilen - der Haken läßt sich immer problemlos entfernen.


    Beim Hakenkauf sollte man auch darauf achten dass die Hakenspitze nicht zu lang ist. Lange Hakenspitzen brechen wesentlich leichter!


    Die Hakenöffnung (gape):



    Einzig und allein die Hakenöffnung bestimmt die Hakengröße! Das ist der Abstand zwischen Hakenspitze und Hakenschenkel welche bei einem normalen Haken in einem festgelegten Verhältnis zur Schenkellänge steht. Die Hakengrößen führen vor allem bei Neulingen immer wieder zur Verwirrung. Leider ist es aber auch so. Die berühmte deutsche Norm (DIN) hat sich bis zu den Fliegenhaken noch nicht durchgeschlagen. Jede Firma kocht hier sein eigenes Süppchen. Trotzdem ist die Hakenöffnung immer noch am aussagekräftigsten.


    Die nachfolgende Tabelle ist nicht vollständig. Sie soll nur den Größenunterschied verdeutlichen und zu einem besseren Verständnis führen.



    Grundsätzlich gilt: je kleiner die Nummer umso größer der Haken. Also ein Haken der Größe 2 ist größer als ein Haken der Größe 4, ein Haken der Größe 14 ist kleiner als ein Haken der Größe 12.

    Ist man bei 1 angekommen, wird nicht mit Minuszahlen weiter gezählt sondern in der Reihenfolge mit 1/0 - 2/0 - 3/0 - 4/0 usw.


    Noch ein letzter Tipp gerade für Fliegenfischeinsteiger:


    Mit den Hakengrößen 10 - 14 deckt Ihr die meisten Fälle im Jahr ab. Evtl. noch ein paar Streamer in der Größe 8 und Saisonbedingte Fliegen (Maifliege, Landinsekten . . .) - das reicht das ganze Jahr über.


    . . . und noch ein letzter Wunsch, Ihr erleichtert Euch damit selber das "Angler-"leben und auch das der Fische:


    Bitte fischt ohne Widerhaken!

  • Servus Ralf,


    also Deine Berichte bzw. Beiträge bekommen von mir jetzt mal eine 1 mit *.


    Absolute Spitzenklasse, hab jetzt das Praxisbuch vom Fliegenbinden (Gathercole), das große Buch vom Fliegenbinden (Bredow) und Deine Beiträge. Was will man mehr.


    Bitte schreib weiter, wir als User bzw. unser Forum kann mehr als nur davon profitieren.


    Gruß, Stefan

  • super ralf vielen dank !!!


    die 1 mit * kann ich nur bestätigen :thumbsup:


    dein beitrag erleichtert vieles vor so nem regal mit unüberschaubarer ware ...


    bin schon auf den nächsten beitrag gespannt vielen dank !!!


    petri philip